Geschrieben von Ralf Wiegmann • Kommentare (0) • Artikel lesen
Ostharingen. Solange die Honigbiene ihre wertgeschätzte Arbeit versieht, ist alles in Ordnung. Ein unbehagliches Gefühl erfasst die Mitmenschen meist nur dann, wenn sich die emsigen Honigsammler in ihrer Nähe ungewollt niederlassen. So geschehen, als sich jüngst ein ausschwärmender Bienenschwarm ausgerechnet in der Nähe eines Spielplatzes in Ostharingen niederließ.
Drei Kinder im Grundschulalter hatten den Schwarm – es waren rund 30.000 Tiere – beim Versteckspiel bemerkt. Gestochen wurden die drei Kinder nicht. Als direkte Anwohnerin handelte Malika Ostermeyer umsichtig und überlegt: Sie verständigte sofort einen Imker. Dessen Telefonnummer hatte sie im Internet gefunden.
„Honigbienen sind allgemein sehr friedlich“, erklärte der anrückende Fachmann Ulrich Rosenthal aus Goslar. Gänzlich ohne Schutzkleidung schnitt er den Zweig ab, an dem die Bienentraube hing, und steckte die Tiere danach in einen Transporteimer. In weniger als 40 Minuten war die Arbeit erledigt und die Bienen verstaut. „Das Wichtigste ist die Ruhe“, betonte der Fachmann. Seit 30 Jahren ist Rosenthal schon Imker und war vor Jahren Vorsitzender des Imkervereins Goslar. „Bienen, die ausschwärmen, sind keine Seltenheit“, betonte er. In diesem Frühjahr wurde er schon fünfmal zu solchen Einsätzen gerufen. Aber für bienenunkundige Menschen sei die stets große Anzahl summender Tiere eine große Aufregung. Viele wüssten nicht, wie sie sich verhalten sollen. Generell falsch sei es, auf die friedlichen Tiere einzuschlagen oder etwas nach ihnen sprühen oder zu werfen, mahnte er.
„Sie müssen sich das so vorstellen: Die Hälfte des Hofstaates zieht mit rund 30.000 Tieren und seiner neuen Königin davon. Meist fliegen sie gar nicht weit, maximal drei Kilometer.“ Dann lassen sie sich nieder und entsenden Kundschafter, die sich auf die Suche nach einer neuen, geeigneten Unterkunft machen. Werden sie fündig, zieht das Volk dorthin weiter und richtet sich in dem neuen Heim ein. Würde man die Bienen gar nicht beachten, zögen sie also in ein paar Tagen weiter. Aber auf einem gut frequentierten Kinderspielplatz sei das kaum möglich.
Die Bienentraube hing nicht weit entfernt vom Spielplatz in Ostharingen. Foto: Leifeld
Wichtig ist auch die vielen Menschen unbekannte Gesetzeslage: „Ein Imker, der seinem ausgeschwärmten Volk nachgeht, darf auch fremde Gärten ohne Erlaubnis betreten“, informierte der Bienen-Experte.
Das in Ostharingen eingefangene Volk zeigte sich in einem guten Zustand und hatte auch etliche Honigvorräte als eigenen Reise-Proviant dabei. Im Bienenstock von Ulrich Rosenthal wird es ein neues Zuhause finden. Der „Nachschaden“ für den Imker, dem das halbe Volk verloren ging, sei aber sicherlich groß. Feststellen, woher die Bienen kamen, lasse sich aber nicht. Derzeit haben sehr viele Imker an den blühenden Rapsfeldern Bienenstöcke aufgestellt, hielt Rosenthal fest.
Nach den vielen Jahren mit Nachwuchssorgen verzeichne die Imkerei in den vergangenen Jahren wieder einen Aufschwung. Alleine im Ortsverein Goslar erholten sich die Mitgliederzahlen und wuchsen auf rund 130 Imker an. Weitere sind im Landkreis Goslar in den Ortsvereinen Seesen (60) und Liebenburg (15) erfasst.
Quelle: Goslarsche Zeitung vom 16.05.2023
Fotos: Andrea Leifeld
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